Runden Basis
Japanische Rollenspiele der alten Schule sind, seit Square und Enix eins wurden und Final Fantasy sich von Kopffüßlern wie taktisch raffinierten Rundenkämpfen verabschiedete, nicht mehr so häufig anzutreffen . Hier und da tauchen die Gehirnzellen fordernden Kampfgetümmel natürlich noch auf und die ursprüngliche Mechanik ist in Ansätzen auch in den tummultigsten Multiplayerschlachten im tiefsten Kern aktiv. Doch von den wenigen, großen Runden-RPG-Konsolenhits der letzten sieben Jahre, zehrt so manch Liebhaber heute noch, während er auf das perfekte Remake seiner liebsten Rollenspiel-Episode wartet oder neue Hoffnung aus Außenseiter-Projekten von Nebelläufern und sanften Monolithen schöpft. Andere leben dagegen fröhlich in den Multiplayerwelten nie endender Online-Schlachten…
Auf dem Nintendo 3DS ist jedoch vor dem Jahreswechsel ein Kleinod für Freunde rundenbasierter Magier-Kämpfereien und Welten rettender Helden erschienen, welches wieder aus den Fabriken der veränderten Final Fantasy Fantasten stammt.
Mit Bravely Default dreht SquareEnix die Zeit aber zurück, in ein typisch mittelalterliches Fantasy-Szenario, das aus der ersten Playstation Ära stammen könnte und auch das Charakterdesign fällt ausgesprochen positiv, dank schlichteren Zügen und weniger aufgesetzten Darstellungsmerkmalen ins Auge.
Fans älterer Square Rollenspiele werden sich sehr schnell zuhause fühlen.
Die fröhlich erzählte Geschichte, um das Vierer-Gespann Edean, Ringabel, Agnès und Tiz, beginnt wie immer in kleinerem Kreis, doch wird selbstverständlich während der Handlung, recht flott das Epische erreicht.
Während eure Helden neben Menschen, Monstern und Orten vor allem ihre Fähigkeiten immer besser in Erfahrung bringen, findet sich der Spieler immer besser in einem äußerst anpassbaren RPG zurecht, das versucht wenig Frust zu bereiten.
So lassen sich Zufallsbegegnungen mit Monstern nahezu komplett abstellen, Kämpfe können praktisch automatisiert werden und Reisen werden durch die richtigen Utensilien nicht unnötig verlängert. Schön ist neben dem grafischen Stil und der Nutzerfreundlichkeit vor allem auch das eigene Kampfsystem, von dem ein Rollenspiel in größten Teilen lebt.
Während der Aufeinandertreffen wählt man nicht nur Items, Magie, Angriffe und Gegner aus, sondern kann die Angriffsweise durch ein eigenständiges Punktesystem taktisch stark zu verändern versuchen.
Mittels des Default Befehls hält man Angriffe einer Runde zurück, mittels der Attacke Brave übernimmt man gesammelte Angriffe in einen entsprechend mächtigeren Schlag einer späteren Attacke. Dass man dank der Punkteskala auch auf Kredit zuschlagen, dadurch aber ebenso in die roten Zahlen geraten kann, die einen dann nutz- wie kraftlos dastehen lassen, bringt taktische Tiefe in das ohnehin schon taktische Gekämpfe, nach den äußerst fairen Runden-Regeln der bekannten, vergangenen Square Role-Playing-Games. Verschiedene Jobs, die die Charaktere erlernen können, sorgen für viel weitere Tiefe, aber teils auch für amüsant, unpassende Einlagen, da die entsprechende Arbeitskleidung der ausgewählte Tätigkeit von den kleinen Helden auch während der Zwischensequenzen getragen wird.
In der Vectrex großen Deluxe Edition fürs Regal macht dieses kleine RPG-Meisterwerk, das nur zum Ende etwas mehr Durchhaltevermögen von ängstlichen Dungeon-Crawlern verlangt, den Prunk mittels Artbook, Soundtrack, AR-Karten und Statue wett, den es durch den Miniatur-Release auf dem zwar schmucken, aber kleinen Nintendo 3DS Handheld etwas vermissen lässt.
Auf dem großen WiiU-Bruder in entsprechender HD-Optik, täte ein solch stimmungsvoller und fraglos würdiger SquareEnix Ausreißen derzeit sicherlich auch nicht schaden. Final Fantasy IV erscheint in Japan derzeit immerhin als Download-Titel für das Heimgerät, was auf weitere Zusammenarbeit hoffen lässt. Es wäre an der Zeit für einen weiteren derart gelungenen, taktischen Angriff aus dem Osten.
A brave approach.
Bravely Default
Fotos: Nintendo / SquareEnix
USK 12
Circa 59€
Nintendo 3DS – ASIN: B00GA9FV68 / ASIN: B00G9TWE64 – Deluxe Edition – (Circa 99€)