Microsoft bringt Xbox One X im November

Die Frage ist warum?

Da Microsoft mit der Xbox One von Beginn an keinen guten Stand in das durch Xbox360 angerollte Geschäft fand und Spieler eher wieder abschreckte als anzog, wollte man dem wesentlich erfolgreicheren Konkurrenten und dessen technisch fortschrittlicher Zwischenhardware in diesem Jahr endlich etwas entgegensetzen. Mit dem als Project Scorpio gehandelten Supersystem sollten Spieler nun davon überzeugt werden, dass MS technisches Verständnis und Gaming-Gelüste befriedigen kann und man nicht nur auf einen einzigen Hersteller aus Japan vertrauen muss. Nun stellte man das Gerät und die kommende Softwarepalette zwar auf der E3 vor, doch Überzeugungsarbeit sieht in der Regel anders aus. Microsoft bringt Xbox One X im November 2017, doch die Frage warum, wurde in der eineinhalb Stunden dauernden Pressekonferenz nicht beantwortet.

Xbox_Console_F_Tilt_TransBG_RGB_2013Foto: Microsoft
Feeling nothing – Scorpio sticht als Xbox One X daneben.

Das besondere Talent der als Xbox One X vorgestellten Konsole ist ihre technische Stärke. Keine andere Konsole hat die Rechenpower, um vollwertiges 4K auf modernen Fernsehgeräten darzustellen. Daher ist das unterstützte High-Definition-Range-Farbspektrum und die satte Auflösung das Hauptargument des Redmonder Konzerns, um im kommenden November die aufgefrischte Xbox-One-X-Konsole für 499,00 $ Dollar anzupreisen. Dass die Grafiken der Games jedoch auch einen gewissen Anspruch erfüllen müssten, um auf hochauflösenden Displays zu glänzen, scheint vergessen. Exklusive Spiele bot Microsoft in der Vergangenheit zwar vereinzelt an, doch der große Wurf gelang den Teams auf Xbox One bisher nicht. Daher versuchte man in diesem Jahr wohl lieber auch die große Menge von 42 Games als ganz besondere Besucher der Xbox-One-Konsolen-Familie anzukündigen, anstatt vereinzelte Blockbuster vorzustellen, die dann wieder nach dem Erscheinen untergehen. Auch wurde Abwärtskompatibilität als Thematik wahrgenommen, weshalb Microsoft allen One-Modellen das Abspielen von Xbox-Spielen aus der sechsten Generation beibringen möchte. Passend scheint der Schritt in knapp 15 Jahre alte Gaming-Eskapaden, da auch die meisten frischen Entwicklungen sehr wenig grafische Finesse demonstrieren wollten.
Indie-Titel in 2D oder in abstrakten Darstellungen; Minecraft in 4K; oder ein Crackdown 3 – das augenscheinlich viele Federn bezüglich des einst möglichen Zerstörungsgrades ließ – zeigten visuelle Defizite, die dem Konzept der kommenden Hardware komplett widersprechen. Der kleine Indie-Hingucker The Last Night überzeugt beispielsweise durch seinen aufwendigen 2D-Pixel-Bitmap-Stil, der einer Ultra-HD-Auflösung jedoch vollkommen entgegenwirkt. Aber selbst ein als Weltpremiere gefeiertes Assassins Creed Origins von Ubisoft scheint nicht mehr auf der Höhe der Zeit entworfen und bietet mit kantigen Köpfen sowie leblosen Augenpaaren definitiv keinen Grund für den Umstieg auf die verbesserte Xbox-One-X – deren im letzten Jahr noch angekündigten Virtual-Reality-Fähigkeiten gleich komplett von Microsoft während der Präsentation des Systems verschwiegen wurden.


Eineinhalb Stunden in sechs Minuten reichen für Xbox One X.

Dass die gezeigten Titel in der eineinhalb Stunden andauernden Show aber auch allesamt tatsächlich sehr wenig von den Fortschritten der gewöhnlichen Computertechnik profitierten – und eine hohe 4K-Auflösung für sich genommen keine Momente des Staunens generieren kann – zeigte dann der zuletzt präsentierte EA-Titel Anthem eindrucksvoll, der von Bioware mittels Frostbite Engine endlich Leben auf den mit Langeweile betrachteten Bildschirm zauberte. Die amerikanischen Softwarepioniere von Electronic Arts scheinen aktuell die seltene Gabe in der Branche zu besitzen, fortschrittliche Rechentechnik in grafische Genüsse umwandeln zu können, während der große Rest im Business seit vielen Jahren oft auf der Stelle zu treten scheint. Problematisch an Anthem ist jedoch, dass das einzige wirklich zeitgemäße Spiel auf der Microsoft Pressekonferenz der E3 2017 ebenso auf der Spiele-Maschine der Konkurrenz erscheinen wird und die möglicherweise schwer sichtbaren Unterschiede auf 4K-TVs wohl kaum jemanden 499,00 $ Dollar wert sein dürften.

Tödliches Gift für die Xbox One X – dem Scopion ohne Beute.