Videospielkultur in Brasilien und ihre Besonderheiten.
Jedes Land hat seine eigene Videospielkultur: Deutschland fehlten die Arcades, Gewalt auf bunten Bildschirmen wurde jahrzehntelang verpönt. In den USA waren die Geldfressmaschinen deutlich für Heranwachsende eingesetzt, von Glücksspiel getrennt, aber dafür wurden Videogames von sexuellen Anspielungen befreit. In Japan stürzte man sich besonders auf diese, da das Medium Videogame direkt für alle Altersklassen gedacht war dabei und das Land wohl wie kein zweites beeinflusste. Brasilien hatte wiederum ganz andere Problematiken zu überwinden, da kaum offizielle Videospielwaren erhältlich waren. Brasilianische Piraten zockten dennoch alles, was sie in die Finger bekamen, wie eine neue Dokumentation von Red Bull aktuell aufzeigt. Videospielkultur in Brasilien und ihre Besonderheiten.
Foto via Red Bull Parallels
Klone und Piraten – frühe brasilianische Videospielkultur.
Bereits vor einigen Jahren erfreute der Hersteller der Flügelbrause erwachsene Videospieler, als er in einer fünfteiligen Dokumentation Licht in die japanische Videogamesoundtrack-Szene brachte und alternde Komponisten bekanntester Klassiker in Interviews aufzeichnete. In Verknüpfung mit Aussagen zeitgenössischer Musiker kam dabei ein wunderbares aufklärerisches Werk zustande, das jedem Spieler mit Ohren ans Herz gelegt sei.
Nun begab sich ein Kamera-Team nach Brasilien, um die dortige Kultur der Videospiele für die Nachwelt einzufangen. Schließlich gab es im Land des Königs Fußball lange Zeit keine Vertretungen der bekannten Hersteller, was dazu führte, dass findige Bastler selbst zum Lötkolben griffen. Plagiate und Kopien wurden in Brasilien öffentlich gehandelt, als gäbe es keinen Markenschutz. Erst als Sega über die Firma TecToy im Land ankam, konnten ein reguläres System für den heimatlichen Fernseher erworben werden – was es auch wurde. Das Master System wurde zum NES Brasiliens – Nintendo blieb abwesend – das somit die inoffizielle Marktführerschaft erlangte. So ergibt es sich auch, dass heute einige begehrte Titel nur in der brasilianischen TecToy-Fassung erhältlich sind, die im Rest der Welt nicht erschienen.
Taito spielte ebenso eine tragende Rolle in Brasilien, da der Automatenhersteller sich sogar noch lange vor Sega zu den dortigen Piraten traute, wo er sogar einen Funpark betrieb.
Die dreitteilige Serie beleuchtet die frühen Arcades und den dafür nötigen Improvisationsgeist, den Heimkonsolenmarkt und die besonderen Titel sowie die Piraterie mitsamt den benötigten Modifikationen. Red Bull Parallels entführt in das fremde Land mit den eigenen Rechtschreibregeln und lässt dabei damalige Mitwirkende, heutige Videospiel-Fans und natürlich auch fleißige Entwickler zu Wort kommen. Eines wird dabei dann auch recht schnell klar – ohne die damalige Piraterie, gäbe es heute keine Videospielkultur im Land.
Ein nehmen und geben, als brasilianische Piraten zockten.